"Der Mensch befreie sich von seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit."
Das war der Leitsatz der Aufklärung.
Und in der Tat hatte die Kirche über die Jahrhunderte hinweg sich angewöhnt, auf die Lebensgewohnheiten der Menschen erheblichen Einfluß zu nehmen.
Der Adel erwartete den bedingungslosen Gehorsam.
Die Zünfte regelten eine berufliche Zukunft. Den Menschen wurde ihre Zwangssituation bewusst. Und also:
"Der Mensch befreie sich von seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit."
Der Akt der Selbstbefreiung spaltete die christlichen Gemeinden. Sind die Gläubigen nicht frei durch Jesus Christus ?
Die Kirche fing an, die Bibel nach eigenen Vorstellungen auszulegen. Schließlich seien die Texte
bloß historische Dokumente.
Für die Gläubigen sind sie aber das Wort Gottes.
Der Akt der Selbstbefreiung trägt noch andere Züge: Er dient der Aufbesserung der Verhälltnisse,
wenn das Leben nicht so zur Zufriedenheit gelingt:
"Das wirkliche Leben verliert oftmals dergestalt seinen Glanz, dass man es
mit dem Firnis der Fiktion aufbessern muss." ( Goethe.)
Und dazu fordert die Selbstbefreiung auch, an sich selbst zu glauben:
"Er wollte seinen schönen Worten Glauben schenken." ( Jane Austen.)
Doch dann der nächste Schritt: "Endlich hat es mal jemand gesagt: Es gibt keinen Gott, wir Menschen sind durch Zufall entstanden, aus einer Entwicklung hervorgegangen, die über die Jahrmillionen andauerte und wohl noch andauert."
Diese Position von Charles Darwin war damals sehr mutig, und kaum jemand hätte es gewagt, sich öffentlich hierzu zu bekennen. Heutzutage ist es genau umgekehrt: Es ist mutig, sich zu Gott zu bekennen.
Wenn man einen Biologen fragt, ob nicht die Tiere Geschöpfe Gottes seien, dann erntet man wohl ein mildes, bedauerndes Lächeln dafür, dass man sich so "geoutet" habe. Peinlich.
Neben der biologischen Evolution kennt man noch die kulturelle Evolution des Steinzeitmenschen zum Homo Sapiens, die Entwicklung der "Jäger und Sammler" zum modernen Menschen.
Unsere Geschichte ist also nicht gestaltet worden, sondern sie ist einfach geschehen. Und nun folgt ganz zwingend:
Wenn also der Mensch die Gesetzmäßigkeiten seiner Werdung erkannt hat, dann ist es
nun seine Aufgabe, die weitere Entwicklung in seine eigenen Hände zu nehmen.
Jetzt macht er sich zum Gestalter seiner selbst.
Doch hinter ihm stehen Mächte, von denen er nichts ahnt.